Kristin Weber
Objekte als Spiegel kolonialer Beziehungen – Das Sammeln von Ethnographica zur Zeit der deutschen Kolonialexpansion in Ostafrika (1884-1914)
Abstract
Material culture objects were of crucial importance for the knowledge production about colonized societies. Ethnographic museums which were established in Europe during the second half of the 19th century formed important centres where such objects – arriving in great numbers from the colonial territories − were accumulated. Once they were fitted in ready-made scientific systems of classification and interpretation these objects appeared to represent merely certain cultural aspects of their respective society of origin located somewhere outside historical processes. However, the aim of this article is to briefly chart African material culture objects as integral parts of discursive fields of power, history and identity in the context of ethnographic collecting during the German colonial expansion in East Africa and thus re-contextualise them historically. The collecting policies of the Museum für Völkerkunde in Berlin and the predominant scientific approaches to these objects as Ethnographica at this time serve as the main starting point.
Überblick
Materielle Kulturobjekte waren von größter Bedeutung für die Produktion von Wissen über kolonisierte Gesellschaften. Ethnologische Museen, die in Europa während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtet wurden, stellten bedeutende Zentren dar für die Sammlung dieser Objekte, die in großer Zahl aus den Kolonialgebieten eintrafen. Waren diese erst eingefügt in die bestehenden wissenschaftlichen Klassifikations- und Interpretationssysteme schienen die Objekte nur bestimmte kulturelle Aspekte ihrer Ursprungsgesellschaft zu bezeugen, die als außerhalb der Geschichte stehend betrachtet wurde. Ziel dieses Beitrags ist es, afrikanische Kulturobjekte als wichtige Bestandteile der Diskurse über Macht, Geschichte und Identität im Zusammenhang mit dem Sammeln von Ethnographica während der deutschen Kolonialexpansion in Ostafrika darzustellen und sie auf diesem Wege historisch zu kontextualisieren. Die Sammlungsstrategien des Museums für Völkerkunde in Berlin und die damals vorherrschenden wissenschaftlichen Herangehensweisen an diese Objekte als Ethnographica dienen dabei als Ausgangspunkt.