„Die Zukunft der Besitzenden“
Diskussionen um Rückgabeforderungen als neokoloniale Reinszenierungen
Am Samstag, den 16. November 2013 um 19 Uhr lädt AfricAvenir im Rahmen der Veranstaltungsreihe ‚Dekoloniale Einwände zum Humboldt-Forum‘ zum Dialogforum mit Belinda Kazeem (Kulturtheoretikerin und freie Autorin) im August-Bebel-Institut. Unter dem Titel ‚Die Zukunft der Besitzenden‘ werden koloniale Kontinuitäten in den gegenwärtigen Diskussionen um die ethnologischen Objekte diskutiert, die zukünftig das ‚Fremde und Andere in der Welt‘ in der Mitte von Berlin, im Humboldt-Forum im Berliner Schloss, repräsentieren sollen.
Ethnologische Sammlungen sind ein Teil deutscher Kolonialgeschichte. Deutlich wird dies daran, dass laut der Auskunft des Staatssekretärs für Kultur, André Schmitz, in der deutschen Kolonialzeit zwischen 1885 und 1914 50.000 der insgesamt 75.000 ethnologischen Objekte der afrikanischen Sammlung nach Berlin kamen. 60% davon stammen direkt aus den deutschen Kolonialgebieten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass der ‚Erwerb‘ dieser Objekte in vielen Fällen mit Gewaltandrohungen und Raub verbunden war. So wurden in Folge in den letzten fünfzig Jahren wiederholt Forderungen nach Rückgabe von Kunst- und Kulturobjekten aus diesen Sammlungen erhoben.
Besonders prominent ist die Sammlung der Bronzen aus dem Königreich Benin (Nigeria). Nachfahren und Regierungsvertreter haben auf den gewaltsamen Raub der Objekte durch die Engländer hingewiesen und vor diesem Hintergrund die Rückgabe der Objekte gefordert. So sah sich Prinz Edun Akenzua (Repräsentant des Königshauses von Benin) dieses Jahr gezwungen seine schon 2007 gehaltene Rede wortgetreu zu wiederholen: „Wir wünschen, dass die Wiederzusammenführung dieser Kunstobjekte in Benin stattfindet, dem natürlichen Ort dieser Werke“. Nichtsdestotrotz besteht Staatssekretär André Schmitz darauf, dass „Rückgabeforderungen des ehemaligen Königreichs Benin bzw. des Nachfolgestaates Nigeria […] bislang weder ausdrücklich noch indirekt an die Bundesregierung und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz herangetragen worden [sind].“
Dieses erstaunliche ‚Geräuschloch‘ zwischen Forderungen aus Afrika und starrköpfiger Taubheit auf der Seite deutscher Institutionen nimmt Belinda Kazeem in den Blick. Sie stellt heraus wie Stimmen und Positionen zum Schweigen gebracht werden und Diskussionen um koloniale Verantwortung und Restitution verhindert werden. In dieser Weise erschaffen Museen und Regierungsinstitutionen kontinuierlich ein weißes Selbstbild, in dem der Besitz dieser Objekte gerechtfertigt scheint.
Belinda Kazeem ist Kulturtheoretikerin und freie Autorin. Sie arbeitet zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Dekolonisierung. Sie hat Internationale Entwicklung an der Universität Wien studiert und ist Teil der Recherchegruppe zu Schwarzer österreichischer Geschichte und Gegenwart. Derzeit schreibt sie an ihrer Diplomarbeit zu bell hooks‘ Pädagogiken.
Sie war Mitherausgeberin des Sammelbandes „Unbehagen im Museum. Postkoloniale Museologien“ (2009) in dem sie unter anderem den Aufsatz „Die Zukunft der Besitzenden. Oder fortwährende Verstrickungen in neokoloniale Argumentationsmuster“ publizierte.
Samstag, 16. November
19.00 Uhr
August-Bebel-Institut
Müllerstr.163
13353 Berlin
S/U Wedding (Ringbahn, U6, Bus 120)
Die Veranstaltung wird in deutscher Sprache stattfinden.
In Kooperation mit dem August-Bebel-Institut.